Effizienz von Heizsystemen

Immer wieder werden Infografiken durch die sozialen Netzwerke geschickt, die elektrische Wärmepumpen als effizienteste Heizungstechnik darstellen:
„Aus 100% Ökostrom wird 350% Wärme zum Heizen“.
Dagegen sei eine Gasbrennwertheizung auf Basis von grünem Synthesegas echte Energieverschwendung, weil durch die Umwandlungsverluste der Power-to-Gas Anlagen nur gute 60% der ursprünglichen Energie übrigbleiben. Perfiderweise stimmt die Story bei isolierter Betrachtung der Wärmepumpe und der Synthesegasherstellung sogar. Aber eben nicht bei ehrlicher Bilanzierung im Gesamtsystem.

  • Es wird noch lange dauern, bis Wärmepumpen zu jeder Stunde eines Jahres mit 100% Ökostrom betrieben werden können. Anfang 2021 erreichten Solarstrom und Wind eine ganze Woche lang zusammen nur 17% Anteil im Strommix (Quelle: energy-charts.info), und das obwohl im Schnitt des Jahres 2020 ihr Beitrag zur Stromerzeugung über 37% ausmachte. So gehört also einiger Optimismus dazu, wenigstens 50% der Stromversorgung für Wärmepumpen „frisch gepresst“ aus Photovoltaik und Windenergie zu erhalten. Die anderen 50% müssen den langen Weg über Power-to-Gas und Rückverstromung gehen, wobei nur 30% der ursprünglichen elektrischen Energie herauskommen.
  • Wer bei der Heizungserneuerung lediglich den Ölkessel gegen Gasbrennwerttechnik austauscht, verschenkt hohe Zuschüsse: 40% der anrechenbaren Kosten! Diese Fördergelder werden nur gezahlt, wenn dabei eine Solarthermieanlage für Warmwasserbereitung und Raumheizung entsteht, decken dann aber einen Großteil der Mehrkosten ab. Der Sonnenkollektor und die damit verbundene hocheffiziente Anlagentechnik sollten unter normalen Verhältnissen den Gasverbrauch um 40% reduzieren können.
  • Als dritter Weg steht auch der Anschluss an ein Wärmenetz offen, wenn ein solches vor Ort verfügbar ist oder in der Nachbarschaft organisiert werden kann. Seit Anfang 2021 gibt es abhängig vom Anteil erneuerbarer Energien in aus der Zentrale des konkreten Wärmenetzes im Normalfall wenigstens 30 Prozent, bei Austausch eines Ölkessels gegen einen Wärmenetzanschluss womöglich sogar 45 Prozent Zuschuss.

Wenn man für alle möglichen Varianten die Effizienz bezogen auf den eingesetzten Ökostrom berechnet, ergibt sich bei der Solarthermie Verblüffendes: Die Pumpe im Solarkreis braucht kaum mehr als 20 Watt und holt so mit einer Kilowattstunde elektrischer Hilfsenergie über 50 kWh Solarwärme in den Speicher. So werden aus 100% Strom über 5.000% Wärme.

Ob beim Umwandeln von überschüssigem Ökostrom in Synthesegas oder bei der Rückverstromung im Bedarfsfall, es entsteht jedes Mal Abwärme, die ohne zusätzlichen Strombedarf für Heizzwecke genutzt werden kann. So sind dekarbonisierte Wärmenetze auf Basis von Solarthermie, Abwärme und vielleicht auch mit Wärmepumpen die effizienteste Heiztechnik.

Für alle Nutzungspfade ergeben sich prozentuale Anteile der direkten und der indirekten, mehr oder weniger effizienten Nutzung von Ökostrom mit einer entsprechenden Gesamteffizienz. Um diese einfacher nachvollziehbar zu machen, habe ich sie in einer Infografik zusammengefasst:

Effizienz im Gesamtsystem

Dieselbe Grafik im PDF-Format hier

Ergebnis: Solarthermie mit Gasbrennwertkessel schneidet kaum schlechter ab als Luft-Wasser-Wärmepumpen. Klare Gewinner sind dekarbonisierte Wärmenetze.

Sonnenaufgang im Wärmenetz

Die Mitgliederzeitschrift des Bund der Energieverbraucher e. V. widmet in der Septemberausgabe zwei Doppelseiten der Bedeutung der Solarthermie für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung mit Wärmenetzen.

Bis zum Jahr 2015 stagnierte die mit Sonnenkollektoren erzeuge Fernwärme in Deutschland, hat aber seitdem beträchtliche Zuwächse erzielt. Alleine durch die im laufenden Jahr 2019 neu gebauten Anlagen soll die installierte Leistung um 30 Prozent zulegen.

Installierte Kollektorfläche in großen Wärmenetzen

Der Artikel vermittelt Eindrücke vom Stand der Technik für Großflächenkollektoranlagen, die derzeit an verschiedenen Standorten entstehen, erläutert das Prinzip der Kalten Nahwärme und zeigt auf, wie auch relativ kleine Solarthermieanlagen eine sinnvolle Ergänzung zur Technik in Wärmenetzen darstellen.

Das Team der Energiedepesche hat freundlicherweise einen Solarthermie-Sonderdruck als PDF-Datei zur Verfügung gestellt. Hier der Download-Link zu dieser Datei: www.ahornsolar.de/files/Energiedepesche_Solarthermie_2019-3.pdf (1.1 MB)

Netzdienliche Solarthermie

Im Rahmen des Fachgesprächs Praxistest Heizung hielt ich am 30. Juni 2016 im Münchner Bauzentrum ein Referat zum Thema
Heizsystem im MFH: Fernwärme und große Solaranlage

Der einfache Grundgedanke des Referats ist: wenn für eine niedrige Rücklauftemperatur zur Fernwärme ohnehin eine effziente Anlagentechnik mit optimal geschichtetem Speicher erforderlich ist, dann rechnen sich im Hinblick auf den relativ hohen Wärmepreis der Fernwärme sehr schnell die überschaubaren Mehrkosten für Kollektor, Solarkreis und ggf. etwas mehr Puffervolumen.

Sonnenkollektoren werden am besten verbrauchernah eingesetzt. Während der Heizperiode liefert die Anlagentechnik der Solarthermie eine niedrige Rücklauftemperatur, im Sommer lässt sich mit Solarwärme erreichen, dass die Anschlussleitungen zu den mit 100% Deckungsrate solar versorgten Verbrauchern komplett auskühlen können, was die Netzverluste deutlich vermindert.

Für die Datei im PDF-Format bitte hier klicken:

Referat_2016-06