Anfang 2017 scheiterte der Entwurf für ein neues Gebäudeenergiegesetz (GEG). Die Fachzeitschrift Sonne Wind & Wärme hat meinen Gastkommentar zu diesem Thema terminlich passend vor der Intersolar in München veröffentlicht. Ich hoffe, damit etwas Stoff für lebhafte und zielführende Diskussionen zu liefern.
Gastkommentar im Klartext
Das hätte Anfang 2017 ein großer Moment der deutschen Energiewende- und Klimaschutzpolitik werden können! Über ein Jahr lang hatten die Fachressorts der Bundesregierung darauf hingearbeitet, aus den drei Regelwerken Energieeinsparverordnung (EnEV), Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEWärmeG) und Energieeinsparungsgesetz (EnEG) zusammenfassend einen einheitlichen Rechtsrahmen zu schaffen: das Gebäudeenergiegesetz (GEG). Am 23. Januar ging der 146 Seiten umfassende Referentenentwurf des GEG an die Fachverbände. Der Anhörungstermin am 31. Januar schien nur noch eine Formalität vor der geplanten Verabschiedung des Gesetzes Mitte Februar.
In der äußerst kurzfristig bemessenen Beteiligungsphase jedoch hagelte es Kritik von den Fachverbänden: dieser Gesetzentwurf würde die Energiewende im Wärmesektor nicht voranbringen! Schließlich wandten sich auch noch acht eher konventionell eingestellte Wirtschafts- und Energiepolitiker mit fundamentaler Kritik gegen den GEG-Entwurf. So kam das Gesetzgebungsverfahren nicht zum Abschluss und verzögert sich nun bis nach der Bundestagswahl. Als ob wir noch viel Zeit im Klimaschutz hätten.
Gescheitert ist der Fortschritt, den das GEG für der Wärmewende bringen soll, aber nicht am Widerspruch, sondern durch den ohne Ambitionen verfassten Entwurf. Außer etwas strengeren Energiestandards für Nichtwohngebäude der öffentlichen Hand und der Vorgabe, auch Wohngebäude mit dem Monatsbilanzverfahren der DIN 18599 rechnen zu müssen, hätte sich nicht viel geändert. Dabei ist Gesetzgebung wie Software: fehlende Updates schaffen Probleme.
So ist es ein Anachronismus, dass im GEG Entwurf der Abschnitt zur Nutzung solarer Strahlungsenergie einfach aus dem EEWärmeG übernommen wurde. Eine Mindestanforderung nach Quadratmetern Aperturfläche je Quadratmeter Gebäude-Nutzfläche ist aber fachlich überholt, weil aktuelle Solar Keymark Zertifikate nach EN ISO 9806:2013 erstellt werden und nur noch die Bruttofläche des Sonnenkollektors nennen. Wieviel Netto vom Brutto bleibt, ist bei manchen Kollektoren überhaupt nicht mehr verlässlich zu erfahren.
Wirklich zielführend ist hingegen der Vorschlag der Initiative Sonnenheizung, die Mindestanforderung an die Solarthermie mit dem von der Effizienz des Kollektors abhängigen Kollektorjahresertrag zu verknüpfen. Dieser kWh-Wert steht zertifiziert in jedem aktuellen Solar Keymark Bericht. Das GEG sollte wie die ertragsabhängige Innovationsförderung im Marktanreizprogramm des BAFA wirkungsgradstarke Kollektoren belohnen. Mit einer effizienteren und dabei kleineren Kollektorfläche bleibt mehr vom Dach frei für die ebenfalls wichtige Solarstromerzeugung.
Die wird im GEG-Entwurf aber deutlich unterbewertet: Wenn von den rund 1.000 Kilowattstunden, die Photovoltaik pro Kilowatt Nennleistung jährlich liefern kann, nur 150 kWh auf den Endenergiebedarf (Strom) angerechnet werden, bzw. mit Stromspeicher 200 kWh: was ist dann mit den übrigen 800 kWh? Wenn diese naturgemäß zeitgenau von den Solarkreispumpen der Kollektoranlagen genutzt werden, warum wird dann deren elektrische Hilfsenergie mit dem vollen Primärenergiefaktor 1,8 bewertet? Und wieso muss Strom aus erneuerbaren Energien „im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zu dem Gebäude erzeugt“ werden? Auch ökologische Ausgleichsflächen werden üblicherweise nicht auf dem Dach eines Neubaus angelegt. PV-Quartierslösungen mit entsprechend großvolumigem Stromspeicher wären in einem zukunftsorientierten GEG mit Sicherheit jährlich 300 kWh und mehr wert und würden auch die Flächenkonkurrenz zur Solarthermie entschärfen.
Viel wichtiger als die unmittelbare räumliche Nähe zu den Verbrauchern ist beim Ökostrom, dass deren Verbrauch zeitlich zur Erzeugungsleistung passt. Denn jede Zwischenspeicherung von Strom hat wenigstens 15% Verlust, über Power-to-Gas und Wiederverstromung gehen sogar über zwei Drittel verloren. Das GEG wird die monatliche Bilanzierung des Energiebedarfs fordern. Da wäre es nur konsequent, auch den Primärenergiefaktor für Strom monatsweise anzusetzen, zwischen 0,7 in den Sommermonaten und 2,6 im Winter.
Die Politik steht bei der Energiewende-Gesetzgebung auf dem Schlauch. Das muss sich ändern! Aber unabhängig davon lässt sich schon jetzt die Solarthermie als Schlüsseltechnologie nutzen, um schnell und wirksam mit der Energiewende und dem Klimaschutz voran zu kommen, ohne das Stromnetz zusätzlich zu belasten.
Axel Horn
Mehr zur SONNE WIND & WÄRME: www.sonnewindwaerme.de